Kulturförderkreis Singen-Hegau e.V.

 

Laudationes 2024

Kistenh/rocker, Mundart-Comedy

Laudator Simon Götz

 

Liebes Publikum, liebe Freunde und Förderer!
Ich habe die große Freude Ihnen nun einen Preisträger vorzustellen, der nicht in ein, sondern gleich in mehrere Genres beziehungsweise Sparten passt, die für die Kulturlandschaft Hegau enorm wichtig sind. Musik, Schauspiel, Sprache und – zumindest mit einigem Augenzwinkern – auch Regionalgeschichte findet sich im Bühnenprogramm unseres Preisträgers. Das verknüpfende Element ist – so würde ich sagen: Der Humor und zwar der spezifische Hegauer-Humor.
Was macht diesen Humor so besonders? Zum einen ist es sicherlich die Herausforderung, den Hegauer zum „Schenkelklopfen“ zu bekommen: Die Messlatte für Lachtiraden liegt im Hegau sehr hoch, denn irgendwie scheint – vor allem im Winter – der vom See ins Hinterland ziehende Nebel sich im Gemüt mancher Hegauer niederzuschlagen. Man schmunzelt erstmal in sich rein und nur wenn sich auch beim Nebensitzer die leicht bruttlige Grundstimmung lockert, wird man dann doch zu einem herzhaften Lacher hingerissen. Wer es also in unserer Region schafft, sitcom-mäßig Lachlawinen zu verursachen, ist allein schon deshalb preiswürdig.
Der Humor, den unser Preisträger, besser gesagt unsere Preisträger, auf der Bühne bei Saalveranstaltungen, Benefizkonzerten, Stadtfesten oder Dorfjubiläen dem Publikum servieren, ist gespickt mit einer Portion Mutterwitz, regionalen Foppereien und Geschichten, wie sie nur der Alltag produziert. Zentral dabei: diese Geschichten lassen sich am besten in der Sprache des Alltags erzählen, die leider bei immer weniger Familien der Dialekt, in unserem Fall das Alemannische ist. Weltweit ist nahezu die Hälfte der über 7000 Sprachen vom Aussterben bedroht. Noch dramatischer sieht es bei den Sprachvarianten, den Dialekten aus.  Heimatgefühle, Identität sind für Menschen überall auf der Welt mit Sprache verknüpft. Die Sprache von Eltern, Großeltern, von Freunden und KollegInnen prägen uns ein Leben lang. Gehen die Dialekte verloren, geht ein Stück Vielfalt und Identität verloren. Indem unsere Preisträger die Mundart mit all ihren Nuancen sprechen und vor allem singen, sind sie Artenschützer par excellence!
Seit über zehn Jahren bereichern diese Mundart-Artenschützer, die Sie gleich live erleben können, das Kulturleben. Und zwar nicht nur im Hegau, sondern auch in „Badisch-Sibirien“ und sogar international: nämlich in Oberschwaben,  Hohenzollern oder im Schwarzwald. Mit ihren drei Bühnenprogrammen „Hoorspalterei“, „Nahock-Café“ und „Ab ins Beet“ begeistert die Combo Ihre Zuhörerschaft. Dass die Musiker dabei im Haupterwerb eigentlich seriösen Berufen nachgehen und nicht Haupterwerbs-Comedians sind, mag man kaum für möglich halten. Gesungen wird nicht nur a capella und im Stehen, sondern auf  Kisten hockend, mit Percussion, Gitarren, Ukulelen und einem ein-Mann-Sinfonieorchester. Ich sage nur so viel: Ich habe selten so etwas Virtuoses erlebt, wie einen Querflöte-spielenden Wahlwieser.
Diese musikalische Klein-Institution bestehend aus drei Männern würdigt der Kulturförderkreis Singen-Hegau mit einem Kulturpreis.
Bühne auf für eine Mundart-Akrobatik-Multiinstrumentalisten-Band, die sich gleich nochmals selbst vorstellen wird!


Angelika Weigand, Bohlinger Häuserchronik

Laudator Tom Leonhardt

 

Ein Glücksfall -oder die Rückkehr von Angelika Weigand in das Dorf ihrer Kindheit
Glücksfälle sind keine Alltäglichkeit.
Was Angelika Weigand, seit ihrer Rückkehr nach Bohlingen, in das Dorf Ihrer Kindheit, für diesen Lebensort geleistet hat, ist alles Andere als eine Selbstverständlichkeit.
Doch vorab einige Daten zum Lebenslauf von Frau Weigand:
In Bohlingen 1948 im Haus Ledergasse Nr. 27 geboren, legt sie im Aufbaugymnasium in Rottweil  das Abitur ab und beginnt 1968 ihr Studium der Germanistik und katholischen Theologie in Tübingen.
Es folgt das Refrendariat für das Lehramt an verschiedenen Gymnasien in Stuttgart und schließlich die Anstellung als Studienassessorin am Paracelsus- Gymnasium, Stuttgart.
Sie wird Mutter der beiden Söhne Frieder und Peter Weigand. Im Jahr 1975 tritt Angelika Weigand aus der katholischen Kirche aus.
Von 1981 bis 2003 arbeitet sie in verschiedenen Verlagen in Stuttgart und Frankfurt.
Von 2003 bis 2014, verbunden mit ihrer Rückkehr in das Dorf am Fuße des Schienerbergs, unterrichtet Frau Weigand Deutsch und Deutsch als Zweitsprache an der Krankenhausschule im Hegau-Jugendwerk in Gailingen.
Mit dem Jahr 2014 tritt sie in den wohlverdienten Ruhestand.
Ein Unruhestand mit besonderer Wirkung -kurz vor dem Eintritt in das Rentnerglück beginnt Frau Weigand einem lange schlummernden Thema mehr Zeit zu widmen.   - Der Ahnenforschung
Fragen des Woher, Wann und Wie trieben sie an.
Ein glücklicher Zufall spielte ihr die Chronik des Bohlinger Pfarrers Weißmann von 1915 in die Hände.
Mit großer Intensität begann sie 2013  mithilfe von Kirchenbüchern die Geschichte ihrer Familie mütterlicher - und väterlicherseits zu erforschen.
Ein sozusagen archäologisches Projekt des Aufblätterns, Umblätterns und Verknüpfens teils Jahrhunderte alter schriftlicher Dokumente.
Eine wissenschaftliche Arbeit, die Frau Weigand bis zum heutigen Tage beschäftigt. Dieses Eindringen in die Zeit, die Verortung dessen, was für uns Alle Heimat ist, nämlich die Geschichte unserer direkten Vorfahren, mündet in Stammbäumen wie dem, den Sie hinter mir sehen können.
Dieses stetig wachsende, verzweigte Gebilde belegt in hervorragender Weise dass das Wir, das man so gern mit Heimat verbindet, eben auch sehr stark von Fernem, von wo anders her kommend, zusammengefügt ist.
Bohlingen, die Kinderstube der Preisträgerin ist nun gut 20 Jahren wieder der Lebensort ihrer Wahl.
Ihre Beschäftigung mit ihrer eigenen familiären Geschichte mündete schon bald in der Erkenntnis, dass die einzelnen Namen aus längst vergangenen Tagen sich auch mit den Häusern im Dorf verbinden lassen. So bekommt die abstrakte Recherche von Namen in alten Dokumenten plötzlich ein erlebbares Gesicht – den historisch gewachsenen Architekturbestand einer dörflichen Gemeinde.
Mit der Verknüpfung von längst Vergangenem und Heutigem, noch Lebendigem erarbeitet die Preisträgerin in ihrer seit einem Jahr vorliegenden Publikation
Häuserchronik Bohlingen –Häuser im Ortskern und ihre Bewohner
einen herausragenden wissenschaftlichen Beitrag zur Regionalgeschichte.
Die zeitraubende und anspruchsvolle Klärung der historischen Besitzverhältnisse mit Hilfe
von Grund- und Pfandbüchern in der dörflichen Kernanlage wäre Aufgabe genug gewesen.
Doch Frau Weigand geht einen entscheidenden Schritt weiter.
Sie verbindet das, was die Alten heute noch berichten können, lebendige Oralhistory mit den belegbaren Daten der historischen Urbare und Lagerbücher.
Ergänzend sammelte sie fotografische Bilddokumente aus den jeweiligen Familienarchiven und verband so Menschen und ihre persönlichen Geschichten mit der ansonsten eher trockenen Faktenanalyse traditioneller Geschichtsforschung.
Auf diese Weise entsteht ein äußerst lebendiges Bild von Geschichte.
Aus Häusern werden Erzählungen, vor und in ihnen zeigen sich Menschen, deren Behausungen eben sehr viel mehr sind als nur Spuren vergangener Zeit, die sich materialisieren in Mauern, Dachstühlen und zugehörigem Zierrat.
Die leidenschaftliche, intelligente aber eben auch kreative Arbeit von Frau Weigand, mündete nach mehreren arbeitsintensiven Jahren in der nun vorliegenden Publikation. Ihr und allen, die an diesem Werk unterstützend mitgearbeitet haben gilt unser Dank.
Eine beispielhafte Arbeit für die Aufarbeitung von Regionalgeschichte im Allgemeinen  -
ein Glücksfall für das Dorf Bohlingen im Besonderen.
Ein herausragendes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement, vor dem ich mich voller Anerkennung und Bewunderung verneige.



Luna Neininger, Horn

Laudatorin Angelika Berner-Assfalg

 

Ich darf Ihnen unserer nächste Preisträgerin vorstellen – Luna Neininger.
Sie kam hier in Singen unterm Hohentwiel im Juli 2011 auf die Welt, sie ist also eine waschechte Singemerin und sie hat mit ihren 13 Jahren schon einen bemerkenswerten musikalischen Werdegang vorzuweisen.
Luna Neininger wurde in eine musikalische Familie hineingeboren - der Papa spielt Fagott, die Mama Saxophon, die ältere Schwester Maja begann damals mit ihrer musikalischer Früherziehung und spielt seither Trompete hier bei uns an der Jugendmusikschule.
Luna musste also nur die Ohren spitzen und das tat sie!
Im Alter von 4 Jahren war es an der Zeit, dass auch sie ein Instrument lernen wollte und da die Trompete schon besetzt war entschied der Papa, dass für die kleine Luna das Waldhorn das richtige Instrument sein könnte, zumal sie Linkshändlerin ist und man Bruno Mößmer als Lehrer von der Schwester her schon kannte.
Es war eine gute Entscheidung, es machte der Kleinen Spaß und schon 2 Jahre später, im Alter von 6 Jahren, nahm Luna zum 1. Mal beim Regionalwettbewerb von „Jugend musiziert“ teil.
Sie wurde damals am Klavier von ihrer Schwester Maja begleitet und Beide belegten auf Anhieb einen 1. Platz.
Sie haben bemerkt, auch das Klavier hat im Hause Neininger inzwischen einen Platz, bzw eine Wand gefunden und ab 2018, nach diesem 1. Wettbewerb wird auch Luna noch zusätzlich Klavierunterricht erhalten, zunächst bei Frau Posina, die ihr Talent diesbezüglich bemerkte und schon die Schwester unterrichtete. Seit damals hat Luna 1x pro Woche auch Klavierunterricht, inzwischen bei Frau Marton, hier an der Jugendmusikschule.
Der Papa hat große Pläne mit seiner jüngeren Tochter.-Er meldete sie an, das bronzene Musikabzeichen des Blasmusikverbandes zu machen und sie wird es mit 8 Jahren bestehen. Das heißt schon was – hier geht es um Basiswissen in Musikkunde, Rhythmik und Gehörbildung – und das in diesem zarten Alter!
Mit 11 Jahren legte Luna dann das silberne Musikabzeichen ab und dafür muss man richtig lernen! Es werden geprüft: Musiktheorie, Musikgeschichte, vom Blatt spielen, und vor allem eben Gehörbildung mit dem Ziel, das absolute Gehör zu trainieren.
Luna meisterte alles mit Bravour, sie ist die jüngste Teilnehmerin im Felde  -  und das absolute Gehör hat sie natürlich mittlerweile auch.
Wie so Vieles wurden die Vorspiele bei „Jugend musiziert“ wegen Corona unterbrochen.
Aber seit 2022 finden die Wettbewerbe wieder statt und Luna ist wieder mit dabei, entweder mit Horn solo, Klavier solo oder Horn Duett.
Bei einem ihrer Vorspiele wurde die Familie gefragt, ob sie denn mit ihrer doch außergewöhnlich begabten Tochter schon mal in Trossingen an der Musikhochschule angeklopft hätten.
Und so kommt wie es kommen muss, eines schönen Tages spielt Luna in Trossingen vor und findet dort ihren neuen Lehrer.
Seit ca 2 Jahren bekommt sie nun Hornunterricht bei Andreas Winter, zunächst in Biberach an der Riss, da Herr Winter Musikdirektor an der dortigen Musikschule ist und gleichzeitig einen Lehrauftrag in Trossingen hat. Das bedeutet, dass Luna circa alle 2 Wochen für 60 Minuten Privatunterricht nach Biberach gefahren wird!
Von daher entwickelt sich das „Projekt Luna“ immer mehr in ein kleines Familienunternehmen, denn die ganzen Termine auch zu den vielen zusätzlichen Proben und Vorspielen müssen ja irgendwie organisiert und bewältigt werden.
Dieses Jahr war Luna mit ihren 12 Jahren zum ersten Mal auch zum Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“ zugelassen. Sie hatte sich also die Weiterleitung vom Regional –über den Landeswettbewerb bis hin zum Bundeswettbewerb mit jeweils 1. Plätzen erspielt. Allerdings musste die Familie dafür bis nach Lübeck fahren, da der diesjährige Austragungsort einfach dort oben festgesetzt war, er wechselt jährlich. Luna spielte dort ihr Horn, solo, begleitet wurde sie von ihrem Lehrer Andreas Winter, sie belegte den 1. Platz.
Was treibt Luna sonst noch die Woche über?
Da gibt es natürlich die Schule. Luna besucht inzwischen die 8. Klasse im Hegau-Gymnasium, bilingual Französisch, sie wird also ihr in ein paar Jahren ihr baccalauréat machen, natürlich belegt sie den Leistungskurs Musik, selbstverständlich spielt sie im Schulorchester.
Außerdem gehört sie als jüngstes Mitglied seit ca 2 Jahren zum BOS, das heißt, sie spielt in unserm großen städtischen Blasorchester zusammen mit ihrer ganzen Familie.
Im Jugendblasorchester ist sie natürlich auch mit dabei, beide Orchester unter der schwungvollen und kompetenten Leitung von David Krause.
Trotz allem hat sie noch genügend Zeit für ihre FreundInnen und das Ministrieren am Wochenende in Liebfrauen kommt auch nicht zu kurz.
Interessant war auch die Frage nach dem passenden Instrument. Begonnen hat Luna mit einem Kinderhorn, inzwischen spielt sie ihr 3. Instrument und um das perfekte künftige Instrument zu finden fährt die Familie schon mal bis in die Niederlande, denn dort sitzen die Horn - Spezialisten. In der Blechbläserwerkstatt von Adams wird man bestens beraten und die Neiningers werden dort auch fündig. Die Lieferzeit für ein neues Horn dauert 5 bis 7 Jahren! Da braucht es schon vorausschauendes Kalkül und der Scheck heute Abend kommt dem Ganzen natürlich sehr entgegen!
Wenn man das so verfolgt, verwundert es nicht, dass Luna mittlerweile die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Trossingen geschafft hat und seit diesem Herbst als 13-jährige Jungstudentin offizielles Mitglied der dortigen Hornklasse ist. Der wöchentliche Unterricht findet jetzt also in Trossingen bei Herrn Winter statt, womit sich die Fahrzeiten etwas verkürzt haben!
Da ist schon was los bei Familie Neininger! Da braucht es ein gutes Zeitmanagement, denn da gibt es ja auch noch das 5. Familienmitglied – Franz, den Hund. Auch er ist natürlich hochmusikalisch, er singt, und auch er braucht Zeit, Zuwendung und Betreuung.
Alles kein Problem, Familie Neininger ist tiefenentspannt!
Freuen Sie sich nun auf das Vorspiel unserer jungen Preisträgerin – sie wird uns das Hornkonzert Nr. 2 Opus 24 von Carl Matys (1835-1908) in 3 Sätzen vorspielen. Begleitet wird sie von ihrem Lehrer Andreas Winter.
Viel Vergnügen!


Amalie Mbiand-Njiki, Literatur

Laudator Ulrich Stumpp

 

Der weltberühmte amerikanische Kinderbuchautor Dr. Seuss, Schöpfer des Weihnachtsmuffels Grinch, wurde einmal auf einer Party von der nicht minder berühmten Jackie Kennedy-Onassis nach WANN, WIE und WO seines Schreibens gefragt. Er antwortete:

„Ich besorge mir alle meine Ideen in der Schweiz, unweit des Furkapasses. Dort gibt es eine kleine Stadt mit Namen Gletsch, und zweitausend Fuß oberhalb von Gletsch gibt es eine noch kleinere Stadt, ein Dorf namens Übergletsch. Dahin fahre ich jeden Sommer, um meine Kuckucksuhr reparieren zu lassen. Während der Kuckuck im Krankenhaus ist, laufe ich herum und rede mit den Leuten. Es sind ziemlich komische Leute, und von ihnen bekomme ich meine Ideen.“
Nun, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer: Die Orte WO Literatur entsteht, sind so vielfältig wie die Literatur selbst. Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Robert Musil, Erich Kästner, u.v.a. bevorzugten z.B. das geschäftige Hintergrundrauschen von Kaffeehäusern. Neben Orten wie Museen, Hotels, Bahnhöfen oder Kirchen spielen und spielten natürlich auch Schreiberhütten mit oder ohne Aussicht, spartanisch oder luxuriös ausgestattet, als Entstehungsorte von Literatur eine große Rolle. Virginia Wolf bevorzugte einen Werkzeugschuppen. Von der diesjährigen Preisträgerin für Literatur Amalie Mbianda-Njiki, weiß ich aus sicherer Quelle: - Ihr bevorzugter Schreibort ist -- das Bett. Diese Angewohnheit teilt sie im Übrigen mit Truman Capote, dem Autor von „Frühstück bei Tiffany“.
Die Frage WANN ihre Texte entstehen, kann ich weniger gut beantworten. Als sie noch meine Schülerin am Hegau-Gymnasium war, gab es lange einen „Jour fix“. Immer dienstags zwischen 13.30-15.30 Uhr vor dem Leistungskurs Deutsch trafen wir uns. Da haben wir manche Texte besprochen; an ihnen gefeilt, um Wörter gerungen, neue Bezüge entdeckt …: Für mich persönlich, eine wunderbare Zeit.
Tja und WIE schreibt die Preisträgerin? -- Offensichtlich Sehr, sehr gut!!
Ihre Erfolgsgeschichte ist herausragend! Sie ist:
 Siegerin des Literaturpreises der Berliner Festspiele 2020 + 2022
 Gewinnerin des THEO – Berlin-Brandenburgischer Preis für junge Literatur 2020+2021
 Gewinnerin des LYRIX 2023 – Bundeswettbewerb für junge Literatur; Träger Bundesministerium für Bildung und Forschung
Und, liebe Singener aufgepasst! Da waren die Konstanzer ausnahmsweise mal schneller!
 2023 erhielt sie den Förderpreis der Stadt Konstanz Sparte Literatur
Nicht umsonst erhielt Amalie Mbianda-Njiki 2022 außerdem ein Stipendium der Stadt Graz zur Teilnahme an dem international ausgeschriebenen Workshop Prosa für junge Autorinnen.
Im Herbst dieses Jahres weilte die Riedheimerin auf Einladung des Leo Baeck Instituts in New York, das weltweit Lebenszeugnisse von Jüdinnen und Juden während der Zeit des Nationalsozialismus sammelt. Dort stellte sie für die Reihe „Stolpertexte“ ihre historische Erzählung über das Schicksal der Rabbinertochter Jenny Bohrer vor, die im Oktober 1940 in Gailingen die Deportation der dort lebenden jüdischen Bevölkerung erlebte. Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen diesen Text im Sommer im Südkurier gelesen.
Seit 2022 studiert die Preisträgerin am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig Literarisches Schreiben. Dort werden jedes Jahr aus 500-600 Bewerbungen etwa 20 Studierende aufgenommen. Amalie Mbianda Njiki hat 2022 einen dieser begehrten Studienplätze ergattert und das auch noch als jüngste Autorin.
Fast hätte ich es vergessen. Aktuell studiert sie darüber hinaus, ebenfalls in Leipzig, Politikwissenschaft.
Noch bewegt sich die Preisträgerin in den Feldern Miniatur, Kurzprosa und Lyrik. Ihre Themengebiete und Inspirationsquellen sind vielfältig. Aktuelle politische Fragen finden genauso Eingang in ihre Texte wie die Auseinandersetzung mit dem Erleben von Kindheitserfahrungen, der Identitätsfindung oder der Wahrnehmung von Beziehungsgeflechten. Auch Fragen der Herkunft, das Erleben von Reisebegegnungen, so z.B. in Kamerun, der Heimat ihres Vaters, finden ihren Ausdruck.
Sollten Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, als Leser aber glauben, anhand der genannten Themen und Motive mehr über die Biographie der Preisträgerin erfahren zu können…! Vorsicht! Die Inhalte der Stücke entziehen sich auf wundersame Weise jeglichen autobiographischen Deutungsversuchen. Stattdessen werden sie die sanfte Kraft einer metapher- und bildreichen Sprache spüren. Sie werden einem Sog ausgesetzt sein, der sich manchmal humorvoll, manchmal abgründig, auch Unsagbarem nähert. Es gelingt Amalie Mbianda-Njiki in ihren Geschichten, eigenes Erleben zu abstrahieren, es in größere gesellschaftliche Zusammenhänge zu setzen.
Lässt sich der Leser auf ihre Literatur ein, so wird er erleben, dass sich manche, für ihn wahre, gewohnte, Einschätzungen im wahrsten Sinne des Wortes „verrücken“.
Für mich ein Merkmal von guter Literatur!
Warum aber gibt es noch keinen Roman? Die große Form, -- das Meisterstück, das vom literarischen Markt verlangt wird???
Ich bin fest, davon überzeugt, liebe Amalie, dass der Roman kommt! Ansonsten: Halte Dich vielleicht an den Ratschlag von Dr. Seuss: Fahre mit dem Zug nach Gletsch oder nach Berlin, vielleicht Washington D.C. Komische Leute gibt es in diesen Zeiten gerade genug.
Am Dilemma des ersten Satzes, von dem William Faulkner einmal gesagt hat, dass er --„in einer Geschichte so gut sein muss, dass, wer immer ihn liest, auch den zweiten Satz lesen will.“ kann es nämlich nicht liegen. Die haben mich bei all‘ deinen Texten bisher immer überzeugt.
Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist mir nun eine große Ehre Amalie Mbianda-Njiki als Preisträgerin eines Kulturpreises für Literatur in Höhe von EUR 1500.-  auf die Bühne zu bitten. ----Und, -- verehrte Gäste! Ich lege Ihnen ans Herz, wenn Frau Mbianda-Njiki gleich loslegt und uns vor-liest: Achten Sie besonders auf den ersten Satz!
„Jetzt ist Frühling, die Winterreifensaison endet und der Container liegt wie ein gestrandeter Wal im Hof.“


Haldenwangschule, Kulturprojekte

Laudator Dr. Manfred Lehn

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
Meine erste Begegnung mit der Arbeit mit behinderten Menschen war 1972. Damals wurde in der Herz-Jesu Pfarrei von engagierten Menschen die Pfadfinder trotz allem (PTA) gegründet und ich durfte nach einer gewissen Zeit als Leiter mit dabei sein. Nicht-Behinderte - und Behinderte Menschen verbrachten damals erstmals zusammen ihre Freizeit. Später kamen dann die ersten gemeinsamen Freizeiten im Schwarzwald dazu. Im Nachhinein betrachtet war es gelebte Inklusion und in vielerlei Hinsicht prägend für mein späteres Leben.
Heute, 52 Jahre später ist es mir eine große Ehre, eine Schule zu würdigen, die sich in herausragender Weise für die Förderung der kulturellen Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Diese Schule hat es sich zur Aufgabe gemacht, jedem Kind, unabhängig von seinen Fähigkeiten, die Möglichkeit zu geben, seine Talente zu entdecken und zu entfalten.
Die Schule, die heute Abend einen Kulturpreis erhält ist ein sonderpädagogisches Bildungs - und Beratungszentrum mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und körperliche und motorische Entwicklung. Diese Einrichtung lebt eine inklusive Grundhaltung, die jedes Kind so annimmt, wie es ist. Durch die vorhandenen leistungsgemischte Lerngruppen und eine besondere Ausstattung stellt die Schule sicher, dass alle Schülerinnen und Schüler die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams, in denen Förderschullehrkräfte und andere Fachkräfte gemeinsam arbeiten, ermöglicht eine umfassende und individuelle Förderung.
Nun zur eigentlichen kulturellen Arbeit. Der Zugang zur Kultur ist den Schülerinnen und Schülern der Schule aufgrund ihrer geistigen, körperlichen und sozialen Voraussetzungen oft erschwert. Es war dem Stiftungsrat des Kulturförderkreises wichtig insbesondere die kulturelle Arbeit der Schule mit den Schülern und Schülerinnen zu würdigen. Sie haben es sicherlich längst bemerkt: Die zu ehrende Einrichtung ist die Haldenwang Schule in Singen.
Im Schulalltag der Haldenwang-Schule wird Kultur in den unterschiedlichsten Schulfächern sichtbar. Musik- und Kunstunterricht, Werkräume und die Kreativwerkstatt unterstützen das künstlerisches Schaffen. Im Folgenden einige Beispiele:
• 1x wöchentlich findet eine Chorprobe des Confetti Chores mit der in Singen bekannten, ehemaligen Musikschullehrerin Melinda Liebermann statt. Der Chor probt ein musikalisches Werk ein und führt es im Rahmen der jährlich stattfindenden Kulturprojektwoche auf.
• Konzerte von externen Künstlern und Schülern der JMS Singen werden organisiert. Außerdem probt und spielt die hauseigene HaWa Band.
• eine Kooperation mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz ermöglicht in unregelmäßigen Abständen begeisternde Konzerte von Solisten des Orchesters.
So gaben in diesem Jahr 3 Posaunisten des Ensembles ein Konzert, welches ein auf die Schülerschaft zugeschnittenes Programm zu Gehör brachten.
• In einem Workshop der Popakademie Mannheim lernten die Schüler Popsongs musikalisch und tänzerisch zu begleiten.
• Verschiedene Theaterprojekte wurden in den vergangenen Jahren durchgeführt und zur Aufführung gebracht. Ein Krippenspiel wird einmal jährlich mit der Grundstufe einstudiert und beim Gottesdienst aufgeführt.
All diese Aktivitäten fördern nicht nur die kreativen und kognitiven Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen, sondern auch ihre sozialen und emotionalen Kompetenzen. Vorurteile werden abgebaut und gegenseitige Rücksichtnahme und
Hilfsbereitschaft gestärkt.
Das Engagement des Schulleiter Teams Daniel Baerwind und Ingrid Künnecke, sowie der Lehr- und Fachkräfte an dieser Schule ist beeindruckend. Sie setzen sich mit Herzblut dafür ein, dass jedes Kind seine individuellen Fähigkeiten und Talente entfalten kann. Die Schule zeigt in eindrucksvoller Weise, wie kulturelle Bildung und Inklusion Hand in Hand gehen können.
Und dies trotz zum Teil nur suboptimaler äußerer Bedingungen:
Wer fleißig Südkurier und Wochenblatt liest, weiß dass die Haldenwang-Schule mit einigen Problemen zu kämpfen hat. Dies sind zum einen ein eklatanter Platzmangel und zum anderen ein permanenter Fachkräftemangel. Gleichzeitig stiegen die Schülerzahlen im Zeitraum 2020 bis 2024 um 32% (in Zahlen von 140 auf 185). Als die Haldenwang-Schule vor 51 Jahren gebaut wurde, war sie für 80 junge Menschen mit geistiger Behinderung vorgesehen.
Diese Schule ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie durch eine konsequente inklusive Grundhaltung und ein vielfältiges kulturelles Angebot die Entwicklung und Integration von Menschen mit Behinderungen gefördert werden kann. Sie zeigt uns, dass jeder Mensch einzigartig ist und dass in dieser Einzigartigkeit eine große Stärke liegt.
Herzlichen Dank an alle, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert und verdient höchste Anerkennung.
Ich bitte nun Herrn Baerwind auf die Bühne. Vielen Dank.


Hegau Symphonixx, Orchester

Laudator Stephan Glunk

 

Meine Damen und Herren,
wie kommt man auf die Idee, ein Symphonieorchester zu gründen? Sie sind sich sicher mit mir einig, dass dies angesichts der Vielzahl der bestehenden Orchester eine wagemutige, wenn nicht tollkühne Idee ist. Nun, ich spreche heute Abend von einem Symphonieorchester, das sich im November 2018 erstmals zu einer Probe zusammengefunden hat, im Juli 2019 als Verein eingetragen wurde und im November 2019 seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte.
Nun, wie ging das vor sich? Im Juli 2018 startete die damals noch Südwestdeutsche Philharmonie, heute die Bodensee Philharmonie, also das uns wohlbekannte Konstanzer Orchester, ein Projekt mit dem Namen „Side by side“ und lud interessierte Musikerinnen und Musiker ein, bei einer Aufführung der 9. Symphonie von Antonin Dvorak mitzuwirken. Darauf – und jetzt geht die Geschichte los – meldete sich eine junge Frau aus Wahlwies mit Namen Eve Weigmann. Sie hatte in ihrer Kindheit in Bayern Blockflöte und Tenorhorn gespielt, in Konstanz dann Querflöte in einem Quintett, dann Trompete und schließlich, seit 2017, Fagott.
Und mit ihrem Fagott saß Frau Weigmann dann in der ersten Probe zu Dvoraks 9. Symphonie und konnte angesichts der Situation und der wunderbaren Musik kaum ihre Tränen zurückhalten, denen sie auf der Heimfahrt dann freien Lauf ließ. Und hier – angesichts vieler Proben und der Aufführung in der Konzertmuschel in Konstanz während des Open Air Sommers 2018 - fasste Frau Weigmann den Entschluss, weiter in einen Symphonieorchester mitzuspielen. Da sie nun aber kein geeignetes Orchester in der Region fand, beschloss sie kurzerhand, ein solches selbst zu gründen. So schrieb sie an die Musikschulen in Konstanz, Radolfzell und Steißlingen einen entsprechenden Brief und fand tatsächlich in Heiko Jahnke, damals Leiter der Musikschule Steißlingen, einen Partner, der ihr Vorhaben unterstützte.
Es wurde eine Anzeige geschaltet, und zur ersten Kennenlernprobe kamen 20 Interessierte. Heiko Jahnke war dann auch der erste Dirigent des Hegau Symphonixx(mitzwei X!) genannten Orchesters, und den allerersten Auftritt hatte das Orchester - wie schon erwähnt – im November 2019 bei einem Seniorennachmittag in Steißlingen. 2020 löste Fabienne Schwarz-Loy Heiko Jahnke als Dirigent ab, sein Nachfolger wurde Ralf Lottmann im Juni 2022. Dann wurde die Probenarbeit durch Corona schwer beeinträchtigt, und so kam es erst im Januar 2023 zum nächsten Konzert mit dem Titel „Musikalische Winterreise“ in der Seeblickhalle in Steißlingen und in der Alten Kirche in Volkertshausen. Der Blick auf das Programm zeigt, dass das Orchester sich durchaus anspruchsvolle Literatur zumutet: das Andante Festivo von Sibelius, die Orchestersuite Nr. 3 von Bach, der slawische Tanz Nr. 8 von Dvorak sowie die 5. Symphonie von Schubert. Ausschnitte dieses Konzerts sind übrigens auf YouTube zu hören, und der Hörer wird sich von der beachtlichen Qualität des Orchesters überzeugen können.
Im Sommer 2023 gab Hegau Symphonixx im Bürgersaal in Singen sowie im Kinderdorf Wahlwies unter dem Titel „Vielfalt“ ein Konzert mit Werken von Christoph Willibald Gluck und
im Januar 2024 unter dem Titel „Beschwingt ins neue Jahr“ Werke von Mozart, Saint-Saëns, Grieg und Johann Strauß.
Morgen wird das Orchester beim Seniorennachmittag in Steißlingen auftreten unter der Leitung von Jan Steeb, dem Nachfolger von Ralf Lottmann als Dirigent, Musikstudent an der Trossinger Hochschule, und das erste Konzert im neuen Jahr, nämlich im Januar, wird wieder in der Alten Kirche in Volkertshausen stattfinden mit Werken von Anton Bruckner, Johann Strauß und Franz Schubert.
Meine Damen und Herren, so ist das also geworden, und alles hat begonnen mit ein paar Glückstränen. Heute hat das Orchester 28 Mitglieder, ich zähle auf:
6 Geigen 6 Celli
2 Posaunen 1 Tuba
1 Horn 1 Fagott
2 Klarinetten 6 Flöten
2 Oboen
1 Trompete
Und wenn Sie gut zugehört haben, dann vermissen Sie in meiner Aufzählung die Bratschen und Kontrabässe. Und so kommt zum Schluss meiner Laudatio auf das Orchester Hegau Symphonixx mein Appell an alle Bratschisten und Kontrabassisten hier im Saal. Kommen Sie mit Ihren Instrumenten zur Probe, die immer dienstags von 19:30 Uhr bis 21:00 Uhr in der Musikschule in Steißlingen stattfindet.
Meine Damen und Herren, der Kulturförderkreis zeichnet das Orchester Symphonixx heute Abend mit einem Preis aus und wünscht dem Orchester eine gute Zukunft.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.